Bei der Gestaltung des Durchganges zum E-Haus im Wintersemester 2016/2017 habe ich mich hauptsächlich mit den architektonischen Gegebenheiten des Raumes auseinandergesetzt. Sowohl die Farbflächen als auch die Farbe selbst leiten sich aus dem Vorhandenen bzw. Vorgefundenen ab.
2015 | Acryl auf Papier | 620 x 360 cm
Die Arbeit LAUFEN basiert auf einer bestimmten sich wiederholenden Vorgehensweise. Die akribische Vorgehensweise zur Herstellung der einzelnen Papierstreifen, die senkrecht in einer genauen Reihenfolge an die Wand geklebt werden, ist ein wesentlicher Bestandteil.
Aus unterschiedlich bemalten Farbflächen werden organisch wirkende Streifen geschnitten und in einer genauen Reihenfolge auf die Wand geklebt. Es entsteht ein kontinuierlicher Farbverlauf. Die Anzahl der Streifen wird individuell an den vorgegebenen Raum angepasst.
LAUFEN versetzt jede Wand und jeden Raum in einen anderen Zustand. Durch diese Vorgehensweise ist etwas in Gang, in Betrieb. Etwas ist wirksam. Die Farbgebung und das Auftragen der Farbe passiert. Dinge werden laufen gelassen.
Betrachtet man die Wand voller Streifen, bewegt sich etwas gleitend und gleichmäßig durch, über und um etwas. Die Grenzen beginnen zu flimmern. Der Raum beginnt zu fließen und erstreckt sich in eine bestimmte Richtung. Er verläuft in eine unbestimmte Richtung, in eine Vorstellung, in einen Gedanken.
2017 | Acryl auf Wabenplatte | Platten je 140 x 300 cm
AUSSCHNITTE ist eine Raummalerei, die den Betrachter dazu einlädt, sich tiefer in den Ausstellungsraum vorzuwagen und eine andere Wirklichkeit zu entdecken. Jede Farbfläche, die in dem Raum steht, hat eine rechteckige Öffnung, durch die man hindurchschauen kann. Diese Leerstelle legt das Dahinter frei und bietet dem Betrachter Raum, die Bildfläche selbst zu füllen. Außerdem entsteht beim Betrachten der Eindruck eines Spiegels.
Durch den Schnitt in den Bildträger und das neue Zusammenfügen wird eine für den Raum zugeschnittene Anordnung von Malerei geschaffen. Der Ausstellungsraum bildet dabei die Grundlage der künstlerischen Arbeit. Die unterschiedlichen Bildträger liegen nicht in einer Bildebene und entziehen sich so immer wieder dem Fokus. Der Schnitt eröffnet der Farbfläche einen ganz neuen Raum und die Illusion der dritten Dimension. Während die Räumlichkeit bei einer Farbfläche darin besteht, einen virtuellen Raum entstehen zu lassen, der sich jenseits der Bildfläche eröffnet, überführt der Schnitt die Darstellung von Räumlichkeit in die Realität. Der Durchblick durch den bemalten Rahmen gibt einen realen Raum frei.
Der Begriff der Leerstelle bezeichnet das, was in einem Kunstwerk offengelassen wurde, was in der Gestaltung leer bleibt und von dem Betrachter ausgefüllt und hinzugedacht werden muss. Handelt es sich um eine Leerfläche, handelt es sich auch immer um etwas außerhalb des Bildformates, das leer gelassen wurde.
Studierende der HBKsaar, Atelier Prof. Katharina Hinsberg, haben für die Galerie „oqbo“ ein Ausstellungskonzept mit dem Titel ACOPYOFA entwickelt, welches sowohl die heterogenen Arbeitsansätze zeigt, als auch die Ausstellungssituation selber reflektiert und kommentiert.
Gemeinsamer Ansatz ist, die eigenen Werke nur mittelbar in der Ausstellung zu zeigen: Kopien, Fotos, Drucke, Bilder von Bildern, werden als wandfüllende Tapete auf die Wand geklebt. Durch diese Tapete situiert sich im Galerieraum ein Zusammenhang der Werke, welcher gleichermaßen Ausstellung als auch deren konstruierte Repräsentation ist.
Die Ausstellung wird vor Ort in DIN A4 Formaten ausgedruckt, entfaltet sich rasterartig an der Wand und kleidet den Raum nach seinen Maßgaben und Gegebenheiten aus: Bildtapete als tapeziertes Bild.
2017 | Acryl auf Papier und Holz | 120 x 60 cm
Die Arbeit basiert auf einer diffusen Farbfläche im Hintergrund und feinen überlagerten Farbflächen im Vordergrund. Diese unterschiedlich gestalteten Farbflächen treffen in der Arbeit aufeinander und überschneiden sich.
Der ursprüngliche Bildträger, das Papier, wird erst bemalt und dann in organisch wirkende Streifen geschnitten. Die Farbe mischt sich im Moment des Auftragens auf das Papier noch einmal, bleibt aber immer noch differenziert. Der Schnitt in den Bildträger differenziert die Farbfläche zum Teil bzw. hebt diese Differenzierung durch Addition von Elementen wieder flächenartig auf.
Die Holzplatte wird besprüht, um den exakten Kanten des Papiers, unscharfe Kanten entgegenzusetzen. Auf den diffusen Hintergrund werden die Papierstreifen geklebt, damit das Auge einen Fokus erhält, der sich beim Betrachten aber gleich wieder entziehen kann.
Wichtigste Komponente in der Arbeit sind Blickpunkt und Fokussierung. Durch die Konstruktion der unterschiedlichen Farbflächen verschmelzen Vorder- und Hintergrund oder stoßen sich gegenseitig ab.
2019 | Industrieputzlappen | 150 x 180 cm
Die Arbeit MEIN OPA FRITZ GLEICH ist eine Auseinandersetzung mit der Biographie von Fritz Gleich auf formal-ästhetischer und inhaltlicher Ebene. Durch das Zusammennähen des ursprünglichen Nutzungsgegenstandes, den individualisierten Industrieputzlappen von Fritz Gleich, entsteht eine Aneinanderreihung von Gleichem. Auf der Bildebene entsteht eine immer gleiche und ordnende Struktur. Das Gleiche, findet sich aber auch im sich wiederholenden aufgestickten Namen wieder. Gleich und gleich gesellt sich gern.
Zusätzlich schafft die Arbeit durch ihren materiellen Ursprung einen sinnlichen Umraum, der angereichert ist durch olfaktorische und haptische Reize.
